Diese Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer
Schnee und Glatteis verursachen im Winter schnell chaotische Zustände auf Straßen und Schienen. Dann sorgen Staus, Zugausfälle und -verspätungen unter anderem dafür, dass Arbeitnehmer zu spät im Büro erscheinen. Doch ist es Pflicht, pünktlich zu erscheinen? Welche Rechte und Pflichten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, wenn Eis und Schnee den Berufsverkehr lahmlegen, erklärt Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Ist Pünktlichkeit trotz Schnee Pflicht?
Des einen Freud ist des anderen Leid – so geht es vielen beim Thema Schnee. Die meisten Arbeitnehmer sind froh, wenn sie am Morgen auf dem Weg ins Büro nicht von einer weißen Pracht begrüßt werden. Denn winterliche Wetterverhältnisse sorgen immer wieder für Verkehrschaos. Das Homeoffice ist an solchen Tagen eine praktische Option. Allerdings ist es nicht in allen Branchen und nicht bei jedem Arbeitgeber möglich, von zu Hause aus zu arbeiten. „Unabhängig von Schnee, Eis und Glätte haben Angestellte die Pflicht, pünktlich an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen“, erläutert Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. „Sie tragen das sogenannte Wegerisiko, wenn es auf dem Arbeitsweg zu Verzögerungen kommt.“ Das heißt: Kündigt sich eine Schneefront an, sollten Arbeitnehmer beispielsweise früher losfahren, eine andere Strecke oder Bahnverbindung wählen oder, wenn das Auto nicht anspringt, auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen. Es gibt jedoch auch extreme Fälle, in denen von Arbeitnehmern kein pünktliches Erscheinen verlangt werden kann: Zum Beispiel, wenn sie sich schon am Vorabend auf den Weg durch das Schneechaos machen müssten, um rechtzeitig auf der Arbeit anzukommen.
Verspätungen mit Folgen
Doch auch der beste Plan kann scheitern, wenn aufgrund von Schnee und Eis der komplette Verkehr lahmliegt. „Arbeitgeber haben das Recht, für verspätetes Erscheinen den Lohn zu kürzen“, so Brandl. „In der Praxis kommt dies jedoch selten vor und meist ist es möglich, die sogenannten Minusstunden über Nacharbeit oder Überstunden auszugleichen.“ Sollten keine unzumutbaren Gründe wie ein wichtiger Termin oder festgelegte Schichten dagegensprechen, kann der Arbeitgeber dies am selben Tag verlangen. „Wer den Chef rechtzeitig über die Verspätung informiert, hat gute Chancen, eine passende Lösung für beide Seiten zu finden“, ergänzt die Rechtsexpertin von ERGO. In manchen Fällen ist dieser Punkt auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt. Übrigens: Arbeitnehmern, die regelmäßig und wiederholt unpünktlich sind, kann sogar eine Abmahnung drohen.
Verspätungen bei der Bahn und im öffentlichen Nahverkehr
Auch Pendler, die mit der Bahn ins Büro fahren, müssen selbst dafür sorgen, pünktlich zu erscheinen. „Als wären Verspätungen und Zugausfälle aufgrund von Schneechaos nicht schon ärgerlich genug, erhalten Bahnfahrgäste mittlerweile nur noch in manchen Fällen eine Entschädigung“, erläutert Brandl. „Denn laut der seit 2023 geltenden Neufassung der EU-Verordnung „über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr“ entfällt ein Anspruch bei höherer Gewalt wie extremen Witterungsbedingungen.“ Diese Regelung soll allerdings nur außergewöhnliche Wetterereignisse umfassen und nicht das normale, jahreszeitbedingte Wetter. Ob Arbeitnehmer also auch bei einem jahreszeitbedingten Schneechaos Entschädigungsansprüche haben, ist demnach vom Einzelfall abhängig. Im öffentlichen Nahverkehr sind die regionalen Unternehmen zuständig, die unterschiedliche Regelungen haben. Die Rechtsexpertin empfiehlt Arbeitnehmern, sich direkt bei der Bahn oder dem entsprechenden Verkehrsbetrieb über mögliche Erstattungen zu informieren.
Was steht Fahrgästen zu?
Fällt das Schneechaos, das für eine Verspätung gesorgt hat, unter die erstattungswürdigen Gründe, können Arbeitnehmer mit einer Zahlung rechnen, wenn sie mit über einer Stunde Verzögerung am Ziel ankommen. „Das heißt, sie erhalten bei einer einfachen Fahrt 25 Prozent des Fahrpreises zurück – ab 120 Minuten sogar 50 Prozent“, so die ERGO Juristin. Bei Hin- und Rückfahrkarten berechnet die DB die Entschädigung auf Grundlage des halben Ticketpreises. Arbeitnehmer mit einer Zeitkarte, zum Beispiel dem Deutschlandticket, bekommen bei Fahrten in der zweiten Klasse ab 60 Minuten Verspätung hingegen eine Pauschale von 1,50 Euro im Nahverkehr sowie 5 Euro im Fernverkehr und 10 Euro bei Nutzung der Bahncard 100 erstattet. „Eine Auszahlung erfolgt allerdings erst ab 4 Euro“, erläutert Brandl. „Fahrgäste müssen also unter Umständen erst einige Verspätungen ansammeln, bevor sie ihr Geld erhalten.“ Um die eigenen Ansprüche geltend zu machen, können Arbeitnehmer entweder die DB Navigator App nutzen, sich an das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt am Main wenden oder direkt an das DB-Reisezentrum im Bahnhof. Wer seine Entschädigungsansprüche auf nicht-digitale Weise geltend macht, kann dazu das Fahrgastrechte Formular ausfüllen, welches die Deutsche Bahn auf ihrer Website bereithält.
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